Mannheimer Morgen: Stadt Heidelberg von Entwicklung überrollt (13.01.10)

Altstadt: Sitzung des Runden Tisches zur Lärm-Problematik endet ohne Ergebnis

Rechtsmittel für Maßnahmen fehlen



Ohne konkretes Ergebnis ist am späten Montagabend die zweite Sitzung des Runden Tisches zur Situation in der Altstadt zu Ende gegangen. Die Vertreter aus den Bürgerinitiativen hatten [...] mehr Gesprächsbedarf als angenommen. Mögliche Lösungen und Gegenmaßnahmen sollen nun bei der nächsten Sitzung am 8. Februar auf der Tagesordnung stehen.

Bürgeramtsleiter Bernd Köster zeigte auf einer Karte, dass vor allem die Gaststätten in der östlichen Altstadt Beschwerden wegen Lärmbelästigung nach sich ziehen - sei es wegen lauter Musik, Sperrzeitüberschreitungen oder ungenehmigten Tischen auf der Straße (Anm.: nicht genehmigter Aussenbewirtung, d.h. Gäste die unerlaubt mit Getränken nach 23.00 Uhr vor der Kneipe stehen). [...] "Allein durch eine Unterhaltung entstehen zur Nachtzeit hohe Lärmpegel."

Hässliche Lachen in den Gassen
Die "Wildpinkler" verteilen sich auf die [...] Seitengassen. Allein in der Pfaffengasse wurden 2009 mehr als 50 Fälle registriert: "Die Urinierer sind ein ganz gewaltiges Problem", betonte Köster. Sie würden selbst vor der Heiliggeistkirche nicht haltmachen. [...]

"Wir sind von der gesellschaftlichen Entwicklung überrollt worden" [...]. Das Nichtraucherschutzgesetz habe dazu geführt, dass sich mehr Leute als früher außerhalb der Gaststätten aufhalten. Junggesellenabschiede [...], die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten habe ihr Übriges getan.

Die 2006 eingeführte "Gelbe Karte" für Unruhestifter, in die viel Hoffnung gesetzt wurde, hatte bald den gegenteiligen Effekt: "Die Leute haben gefragt, was sie tun müssen, um so eine Karte zu bekommen", erzählte Köster. Und Platzverweise durch die Polizei führten oft dazu, dass sich die Gruppe des Unruhestifters mit ihm solidarisieren würde.

Polizei schnell machtlos
"Das Polizeigesetz verlangt, den Ruhestörer zu identifizieren", verwies Polizeichef Bernd Fuchs auf ein weiteres Problem. "Es ist relativ schwer, einen Platzverweis an die ganze Gruppe zu richten." Mit ihren Maßnahmen sei die Polizei früh am Ende: "Deshalb hätten wir gerne ein Alkohol-Konsumverbot auf öffentlichen Wegen und Plätzen." [...]

"Die Frage ist, wo wir den jungen Erwachsenen Raum geben", sagte der Rathaus-Chef. [...]. Vielleicht lässt sich der Zielkonflikt nicht ganz lösen."

"In der Altstadt halten sich pro Nacht 1500 Gäste auf", schilderte Christian Zacherle vom Revier Mitte die Situation. "Bei einer solchen Menschenmenge ist es fast nicht möglich, den Lärm einzudämmen." Man müsse deshalb versuchen, den Aufenthalt unattraktiv zu machen.

[...] "Es geht [...] darum [...], dass uns eine Rechtsgrundlage fehlt", stellte Polizeichef Fuchs klar. "Wenn ich zwei Personen mitnehme, ändert sich der Lärmpegel nicht", fügte Zacherle hinzu.


> Mannheimer Morgen, Simon Scherrenbacher (Datum/Abruf: 13.01.10)





Am Runden Tisch nehmen teil:

Stadtteilverein Alt-Heidelberg, Bürger für Heidelberg e.V., Bürgerinitiative Linda, Bürgerinitiative ILA, Bürgerinitiative Wohnen in der Altstadt, Bürgerinitiative BIEST, Bürgerinitiative Kornmarkt, Bürgerinitiative Dreikönige, Bürgerinitiative FALK, Studentenwerk Heidelberg, Universität Heidelberg Fachschaftskonferenz, Kinderbeauftragter, Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar, DEHOGA Baden-Württemberg e.V., PRO Heidelberg e.V., Gaststätte „Destille“, Gaststätte „Sonderbar“, Gaststätte „Mels“, Mitglieder des Bezirksbeirates Altstadt, Mitglieder des Jugendgemeinderates, Polizeidirektion Heidelberg, Stadtverwaltung Heidelberg: Oberbürgermeister, Bürgermeister Wolfgang Erichson, OB-Referat, Bürgeramt, Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie, Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, Amt für Wirtschaftsförderung, Amt für Öffentlichkeitsarbeit, Heidelberg Marketing GmbH.