RNZ-Interview mit OB Würzner zum Jahreswechsel (28.12.09)

RNZ-Interview mit OB Würzner zum Jahreswechsel

(...) Ein anderes Thema: Haben Sie Lärm, Dreck und Randale in der Altstadt unterschätzt?
Das ist in den letzten Jahren zu einem bundesweiten Thema geworden. Das Ausgehverhalten der jungen Erwachsenen hat sich leider sehr negativ verändert, und auch die Hemmschwelle ist fast auf null gesunken – was auch mit einem unvorstellbaren Alkoholkonsum zusammenhängt. Hier können nur langfristige Ansätze in der Schule und der Familie wirken. Aber man darf auch nicht vergessen, dass die jungen Leute in ihrem Studium oder in der Lehre einem viel stärkeren Druck ausgesetzt sind als andere vor ihnen – und vielleicht sich auch deswegen so verhalten.

Kann die Stadt überhaupt dagegen etwas tun?
Der Ruf nach der Stadt oder dem Staat ist dann besonders stark, wenn sich eine Situation negativ verändert. Nur: Wir haben nur einen begrenzten Spielraum. Natürlich können wir die Kneipen in der Altstadt um 24 Uhr schließen, aber dann geht entweder niemand mehr aus, oder es verlagert sich in andere Stadtteile. Manche Nutzungskonflikte können wir nicht auflösen: So können wir aus der östlichen Altstadt kein reines Wohngebiet machen, aber ein klares Signal setzen: keine Akzeptanz für die Kneipenöffnungszeiten, scharfe Kontrollen und rechtliche Schritte für den, der sich nicht an die Spielregeln hält.

Versprechen Sie den Anwohnern, dass es im nächsten Jahr ruhiger wird?
Ich kann versprechen, dass wir unsere Instrumente noch konsequenter einsetzen – und zwar nach dem Grundsatz der Null-Toleranz: eine noch stärkere Kontrolle der Kneipen und Discos oder das Verbot der Kioske. Das werden wir auch mit unserem Kommunalen Ordnungsdienst überwachen.

Waren also die Anliegen der Bürgerinitiative wie Linda berechtigt?
Sie haben mein vollstes Verständnis. Entscheidend ist nur, dass wir an einer gemeinsamen Lösung arbeiten, bei der wir auch die jungen Menschen miteinbeziehen. Nur über Sperrzeiten und Ordnungsdienst werden wir das Problem nicht lösen können. Ich habe an Landesinnenminister Heribert Rech geschrieben, dass wir als Stadtverwaltung dringend eine stärkere Handhabe brauchen.

Haben Sie in diesem Brief auch ein Alkoholverbot in bestimmten Altstadtbereichen angesprochen?
Ja, das muss nun der Landesgesetzgeber auf den Weg bringen. Aber das ist nur die eine Seite. Wir müssen auch die jungen Menschen mitnehmen, die sich gern in der Altstadt treffen. (...)


RNZ, 28.12.09, Ingrid Thoms-Hoffmann & Micha Hörnle, Foto: Kresin




siehe auch:

> Leserbrief (09.01.10)

  1. gravatar

    # by Anonym - 03.01.10, 20:33

    Lustiges zum Jahresende!

    Wusste gar nicht, dass unser OB so witzig sein kann. Den Witz zum Thema Nutzungskonflikt fand ich zum fröhlichen Jahresausklang echt gelungen. Da fallen mir spontan weitere Witze zu diesem Thema ein.
    Ein Heidelberger ruft nachts aufgebracht bei der Polizei an, weil er beobachtet wie zwei Männer in die Wohnung gegenüber einbrechen. Die Reaktion des Polizisten am anderen Ende der Leitung: „ Lieber Mann, manche Nutzungskonflikte können auch wir nicht auflösen’’.
    Oder den.
    Ein ausländischer Milliardär geht zur Stadt Heideberg und macht, angesichts leerer Stadtkasse, ein interessantes Angebot.
    Milliardär: „ Ich würde gerne die touristische Attraktivität von Heidelberg maximieren und kräftig investieren. So soll Europas größte Achterbahn den Karlsplatz mit dem Marktplatz verbinden, Bungeejumping von der Heiliggeistkirche möglich sein. Die Lokale der Altstadt sollten rund um die Uhr geöffnet werden. Aber der Clou der Sache wird sein, nachdem wir die Altstadt eingezäunt haben, ist alles für einen fixen Eintrittpreis zu haben. Flatrate vom Feinsten.
    Was halten Sie davon Frau Cornelius? ’’
    Frau Cornelius nach kurzer Überlegung: „ Find ich toll, hab´ auch schon drüber nachgedacht -die zu erwartenden kleinen Nutzungskonflikte kriegen wir locker in den Griff…. ’’

    Harald Holzwarth

  2. gravatar

    # by Anonym - 07.01.10, 11:35

    "So können wir aus der östlichen Altstadt kein reines Wohngebiet machen..."

    Ein bisschen zynisch, nicht wahr?

    Solche Verlautbarungen handelt man sich ein, wenn man sich darauf beruft, wie es bis 2000 war. Und nichts weiter als den Wunsch hat, dies wieder herzustellen.

    Michael Wachter