Die Welt: "Gäste bitte draussen bleiben" (01.12.09)

Die Welt, 01.12.09, Hannelore Crolly

Gäste bitte draußen bleiben

Einst tat Heidelberg alles für die Touristen. In der Wiege der Romantik wurden Fassaden saniert, Idylle inszeniert. Doch damit ist jetzt Schluss


Rechts uriniert hinter einem dicken, roten Balken ein Strichmann mit durchgedrücktem Kreuz. Links kriecht ein Figürlein auf allen Vieren, offenbar kurz vor dem Speien, aber die Flasche fest in der Faust. Zwischen den zwei Piktogrammen macht das riesige Transparent, das sich quer über Heidelbergs Kneipengasse Untere Straße spannt, die Kampfansage: "Wildpinkler, Gröler, Schläger, unzivilisierte Junggesellenabschiede, Rucksacksäufer, Randalierer: Bleibt zu Hause, wir wollen Euch nicht!!!" Gezeichnet: die Gastronomen. Heidelberg im Herbst 2009. 

In der Altstadt hängt der Haussegen schief, bei Anwohnern, Studenten und sogar den Kneipenwirten liegen die Nerven blank. Die einen kommen nicht mehr zum Lernen oder Schlafen, die anderen bangen um den guten Ruf der Innenstadt als Ausgehziel. Das unverblümte Transparent verpasst dem sorgfältig gepflegten Bild vom romantischen Heidelberger Idyll Risse, die selbst eiligen Halbtagestouristen aus Paderborn oder Tokio ins Auge fallen müssen. Deutschlands berühmteste und älteste Universitätsstadt leidet zusehends an ihrer immensen Popularität und ihrem Ehrgeiz [...weiterlesen, www.welt.de].