Schreiben: Götz Jansen an Oberbürgermeister Würzner (28.03.09)

Götz Jansen an Oberbürgermeister Würzner


Hallo
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zum nächtlichen Lärm in der Altstadt hab' ich eine Idee, die ich Ihnen vielleicht erklären sollte:

Ich schlage vor, den nächtlichen Altstadtlärm mit Schallpegeldruckmessern aufzuzeichnen.

Was passiert da:
Es gibt Schalldruckmesser, die messen automatisch in eingestellten kurzen Abständen jeweils den Schalldruck, den sie gerade „hören“. Diese Schalldruckwerte werden aufgezeichnet und gespeichert.

Das Ergebnis kann man dann abfragen und zum Beispiel als Kurve ausdrucken wie in der Anlage. Die Kurven in Fig._3.pdf in der Anlage zeigen beispielsweise, mit welcher wechslenden Lautstärke nachts Frösche gequakt haben. Es sind zufällig Kurven die unser Sohn in Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit aufgenommen hat.

Der Aufwand dazu ist nicht so groß, das Gerät dazu stammt in diesem Fall von 'conrad.de' und kostet dort rd. 250€.

Die Bedienung ist auch einfach: Man stellt das Gerät ein, hängt es irgendwo auf und geht weg. Nach ein paar Tagen kann man das Gerät wieder abholen und z.B. zu Hause auswerten.

Wozu soll das gut sein?
• Zunächst mal ist das eine Schalldruckmessung, eine Lautstärkenmessung. Es wird gemessen und es wird die Lautstärke der Straße gemessen, es wird dabei aber niemand überwacht. Es gibt keinerlei Probleme mit Datenschutz oder Schutz der Persönlichkeitsrechte. Die aufgezeichneten Kurven machen keinen Unterschied zwischen Studenten, Amerikanern, Junggesellen oder Touristen. Man erhält Daten, aber die sind abstrakt, sozusagen schon bereinigt, personenunabhängig, das ist ganz anders als z.B. bei einer Überwachungskamera.

Ich finde, bei Daten, die Grundlage für stadtpolitische Entscheidungen werden sollen, ist das ein Vorteil, der eigentlich nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

• Ein anderer Aspekt ist, dass mit dieser Methode die Lärmbelastung nicht in Einzelmessungen gemessen wird, nicht punktförmig gemessen wird, sondern kontinuierlich, fortlaufend.

Damit wird z.B. sichergestellt, dass auch über lange Zeiträume hinweg eventuelle Spitzenwerte auf jeden Fall erkannt und erfasst werden. Das allein heißt schon, die so gewonnenen Daten wären auf jeden Fall zuverlässiger, als alles, was es bisher gab zum nächtlichen Altstadtlärm in Heidelberg.

Man hat also die Spitzenwerte, man hat gleichzeitig aber auch Dauerbelastungswerte.

Dauerbelastungswerte finde ich z.B. interessant, weil damit eine Stadtpolitik gemacht werden kann, die auf Einzelfälle reagiert und auf darüber hinausgehende Veränderungen.

• Vielleicht der wichtigste Aspekt ist, dass mit dieser Methode die Lärmbelastung der Bürger nicht durch Umfragen und nicht durch Auswertung von vielleicht emotionsgeladenen Bürgerbeschwerden bestimmt wird, sondern durch sachliche wissenschaftliche Messungen ermittelt wird.

Dieser Punkt eröffnet, wie ich meine, weitere Möglichkeiten:
Sponsoring scheint möglich. (z.B. durch die Gerätehersteller, das Konzept ist auf jeden Fall für viele Städte interessant. Lokales Sponsoring scheint auch möglich, z.B. durch Patentschaften für einzelne Geräte.) Wissenschaftliche Begleitung scheint möglich, wohl auch wichtig. (Hochschulen, Universitäten, mit Diplomarbeiten u.ä., Schulen, Physik-Arbeitsgemeinschaften, Statistik-Arbeitsgemeinschaften, Schülerarbeiten, Jugend forscht)

Wie auch immer, ich finde jedenfalls:
Es ist etwas Einfaches. Es ist ein "Low-Budget" Projekt. Trotzdem können damit sinnvoll erscheinende Maßnahmen diskutiert werden und entschieden werden. Ausserdem kann mit diesem Instrument die Wirkung von getroffenen Maßnahmen und von Veränderungen statistisch kontrolliert werden. Das Projekt bietet alles, was man braucht für effektive und transparente Politik, es bietet "ein Ohr am Altstadtlärm".

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und schöne Grüsse aus der Kettengasse

Götz Jansen