Süddeutsche: Saufgelage stoppen (12.11.2010)

Städte und Kommunen fordern schärfere Gesetze gegen den Alkoholkonsum von Jugendlichen - und kritisieren die FDP, die entsprechende Verbote ablehnt.

Seit Monaten fordern die Städte und Gemeinden schärfere Gesetze gegen den Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen. Nun machen sie erneut Druck. "Wir wollen gewiss keine Spaßbremse sein, die den Jugendlichen die Freude am Feiern nimmt", sagt der Vorsitzende des bayerischen Städtetags und Regensburger OB Hans Schaidinger (CSU). "Aber inzwischen nehmen die Saufgelage Ausmaße an, die wir nicht länger akzeptieren können - und zwar egal ob in Gaststätten oder im Freien."

Die Kommunen verlangen eine Vorverlegung der Sperrstunde von derzeit fünf Uhr auf zwei Uhr, damit die generelle Sperrzeit vier Stunden statt nur eine Stunde beträgt. Damit nicht genug. Sie fordern auch ein Gesetz, damit sie künftig den Alkoholkonsum in Parks, Fußgängerzonen und auf anderen öffentlichen Plätzen verbieten können.

Zudem sollen Tankstellen und Kioske Alkohol nur noch zu den gewöhnlichen Ladenöffnungszeiten verkaufen dürfen. Flatrate-Partys in Kneipen und Discos, auf denen die Gäste zu einem festen Eintrittspreis so viel Alkohol trinken können, wie sie wollen, sollen verboten werden. "Wenn wir dem zunehmenden Alkoholmissbrauch wirksam begegnen wollen, brauchen wir endlich landesweit einheitliche Regelungen", sagt Schaidinger.


Bei seinem Parteifreund, dem Innenminister Joachim Herrmann, dürfte Schaidinger auf offene Ohren stoßen. Herrmann hatte schon im Frühjahr bekundet, dass er den Forderungen der Kommunen folgen wolle. Allerdings ist er bisher stets an der FDP gescheitert. Man können gesellschaftliche Probleme nicht mit Verboten lösen, sagt die FDP. Schließlich würden dann "Millionen Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt". Für Schaidinger ist das "Zynismus und hat mit Liberalität nichts zu tun". Im Gegenteil: "Das ist Wegschaumentalität in Reinkultur", empörte sich der OB.


Christian Sebald (Süddeutsche Zeiting 12 Nov. 2010)