Bayerischer Städtetag: Kommunen brauchen eine Rechtsgrundlage (11.11.2010)

"Städte und Gemeinden brauchen mit einer längeren landesweiten Sperrzeit wieder ein Instrument, das wirksame Maßnahmen gegen Lärmbelästigung und Vandalismus ermöglicht. Die Kommunen brauchen außerdem eine Rechtsgrundlage, um Alkoholkonsum im öffentlichen Raum wirksam untersagen zu können. Der Städtetag fordert ein Verbot von Flatrate-Partys in Gaststätten. Der Verkauf von Alkoholika soll außerhalb der Ladenöffnungszeiten, vor allem an Tankstellen und Kiosken, verboten sein", sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Denn die Beschwerden von Bürgern nehmen zu, die über die Störung ihrer Nachtruhe klagen. Die Polizei bestätigt dies: Die Zahlen der Einsätze wegen nächtlicher Ruhestörung, Alkoholmissbrauch und Vandalismus sind seit der Verkürzung der Sperrstunde im Jahr 2005 auf die Zeit von 5 bis 6 Uhr gestiegen. Laut Innenminister Joachim Herrmann liegt das Problem nicht im Vollzug, sondern muss an der Quelle angegangen werden, bei der Verfügbarkeit von Alkohol.

Schaidinger: "Das Problem brennt den Bürgermeistern auf den Nägeln. Lärmgeplagte Bürger wenden sich an das Rathaus, doch den Städten und Gemeinden sind die Hände gebunden." Für Verlängerungen der Sperrzeit vor Ort sind derzeit die rechtlichen Hürden sehr hoch. Es muss im Einzelfall begründet und belegt werden, weshalb ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse für eine längere Sperrzeit vorliegen. Der Vorstand des Bayerischen Städtetags fordert daher die Staatsregierung auf, für die Gaststätten eine landesweit längere Sperrzeit einzuführen: Gaststätten sollen von 2 bis 6 Uhr geschlossen sein; Städte und Gemeinden sollen je nach den örtlichen Verhältnissen in einem vereinfachten Verfahren längere Öffnungszeiten zulassen können.

Der Bayerische Städtetag fordert von Staatsregierung und Landtag eine landesweite klare gesetzliche Regelung. Schaidinger: "Die jetzige Regelung bringt uns gar nichts, weil wir die Sperrzeitprobleme so nicht in den Griff bekommen. Wir brauchen eine einheitliche staatliche Regelung, um die Klagen unserer Bürger berücksichtigen zu können und dem zunehmenden Alkoholmissbrauch wirksam begegnen zu können. Die Kommunen wollen keine Spaßbremse sein, die den Jugendlichen die Freude am Feiern nimmt. Wir haben zum Beispiel nichts gegen eine Diskothek im Gewerbegebiet. Wo es möglich ist, werden die Kommunen großzügige Öffnungszeiten zulassen. Aber wir müssen die Interessen der Bürger in den Innenstädten besser wahren und die Wohnqualität in den Innenstädten sichern."

Vor allem in den Altstädten, wo Wirtshäuser und Kneipen in gemischten Wohngebieten liegen, häuften sich die Probleme mit lauten Gaststättenbesuchern: Bewohner von Stadtzentren werden gestört, wenn unter ihrem Schlafzimmerfenster angetrunkene Passanten krakeelen und in den Straßen "wilde Biesler" urinieren, wenn Betrunkene randalieren und städtische Anlagen zerstören, Flaschen zu Bruch gehen oder Autos mutwillig beschädigt werden. Neben Sachbeschädigungen haben auch die Körperverletzungen zugenommen. Schaidinger: "Die Leute saufen bis zum Umfallen. Saufgelage auf öffentlichen Plätzen, Flatrate-Saufen in Gaststätten, Vorglühen mit Wodka und Koma-Saufen auf Spontan-Partys sind Phänomene, die in den letzten Jahren enorm zugenommen haben. Alkohol wirkt als Aggressionsverstärker und senkt die Hemmschwelle zur Gewalt gegen Menschen und Sachen. Darauf muss der Freistaat reagieren und muss wirksame Instrumente gegen Alkoholmissbrauch und gegen Vandalismus schaffen. Freiwillige Selbstverpflichtungen führen leider nicht weiter - manchmal braucht es klare Verbote, wie ein Verkaufsverbot für Schnaps und branntweinhaltige Getränke zur Nachtzeit."

Bayerischer Städtetag (11 Nov. 2010)