RNZ: Als es konkret wurde, gab es wieder den alten Streit (10.03.10)

Der Runde Tisch "Pro Altstadt" diskutierte heftig das 58-Punkte-Handlungskonzept

Im Mai entscheidet der Gemeinderat


Der Runde Tisch, der die Probleme in der Altstadt lösen soll, könnte zu einer Dauereinrichtung werden. Denn am Montagabend wurde verabredet, dass sich diese Art von "Gremium", in dem Initiativen von Anwohnern und Feierwilligen, Studenten, Gastronomen, Stadtverwaltung und Polizei versammelt sind, mindestens noch einmal im Sommer treffen will, um zu prüfen, ob es mit "Lärm, Dreck und Randale" in der Altstadt besser geworden ist. Am 20. Mai soll der Gemeinderat ein Handlungskonzept mit 58 Punkten beraten, das in der Runde am Montag heftig diskutiert wurde. Dessen Kern ist einestrengere Überwachung der Wirte, vor allem bei der Außenbewirtschaftung und bei der Sperrzeit; alkoholische Getränke dürften ab 23 Uhr nicht mehr aus der Kneipe auf die Straße genommen werden; "To-Go"-Getränke sollen verboten werden; in öffentlichen Verkehrsmitteln soll Alkohol tabu sein; außerdem strebt die Stadt ein Alkoholverbot auf bestimmten Straßen oder Plätzen an. Unstrittig ist, dass eine stärkere Präsenz der Polizei und des Kommunalen Ordnungsdienstes gewünscht wird. Möglicherweise soll der von sechs auf zwölf Personen verdoppelt werden.

Herrschte bei der Februar-Sitzung des Runden Tisches noch weitgehend Harmonie, brachen die alten Streitigkeiten zwischen Anwohnern und Feierwilligen dieses Mal wieder aus: Schuld daran war der heftige, sich im Internet organisierende Widerstand von Altstadtgästen, die sich gegen die repressivere Linie der Stadtverwaltung wendet. Eine Petition, die im Internet in der letzten Woche von angeblich 800 Personen unterschrieben wurde (bis Montagabend waren es aber nur 341), spricht vom "Versuch der Stadtverwaltung, das bestehende Nachtleben aus der Heidelberger Altstadt zu verbannen".

Fabian Herbst, der für diese neue Gruppe sprach (die allerdings keine Bürgerinitiative sein will), meinte, dass wegen einer kleinen Minderheit von Randalierern das Gros der nächtlichen Gäste, das sich gut benehme, stigmatisiert werde. Herbst erkannte in erster Linie ein "Vollzugsdefizit" seitens der Stadtverwaltung und der Polizei: "Der Kommunale Ordnungsdienst ist nicht da, wenn die Randale anfängt." Auch der Dehoga, die Interessenvertretung der Wirte, wandte sich gegen eine härtere Linie gegen die Kneipen: "Diese Maßnahmen treffen die 95 Prozent der Wirte, die keine Probleme machen", allein die Umsetzung koste die Wirte viel Geld und Zeitaufwand mit der Bürokratie, sagte Dehoga Geschäftsführerin Melanie von Görtz. Und Matthias Rohr, ebenfalls Dehoga, fragte: "Was passiert mit den Leuten in der Altstadt, wie bei den Junggesellenabschieden, die nicht den Kneipen zuzurechnen sind?


"Abraham de Wolf,der die Anliegen der Anwohner vertritt, hielt dem entgegen, dass die Interessenvertreter der Feiernden "wenig konkret" würden. Sie sagten nur, was sie störe, ohne groß Vorschläge gegen Lärm und Randale zu machen. Seitens der Anwohner schien man mit dem 58-Punkte-Katalog durchaus zufrieden, weil der zeige, dass die Stadtverwaltung nun endlich aktiv werde.

Fast war die Debatte wieder so wie bei der ersten Runden-Tisch-Sitzung vom Herbst, als heftige gegenseitige Vorwürfe zwischen Anwohnern und Wirten die Atmosphäre bestimmten. Aber das war auch nicht anders zu erwarten, denn am Montagabend sollte es konkret werden: Jede einzelne Gruppe des Runden Tisches sollte die 58 Punkte bewerten - und deren generelle Linie ist eine schärfere Handhabe gegen Wirte und Feiernde. Eine Abstimmung, welche der 58 Punkte der Runde Tisch dem Gemeinderat zur Annahme empfiehlt, gab es nicht. Denn erstens gab es darüber sowieso Dissens, und zweitens darf der Runde Tisch nicht dem Gemeinderat die Entscheidung vorwegnehmen.So blieb am Ende nur die Zusicherung von OB Eckart Würzner, dass alle Stellungnahmen und Kommentare der Runde-Tisch-Gruppen zu dem Handlungskonzept dem Gemeinderat vorgelegt werden sollen. Und schließlich gab es die frohe Kunde, dass der Runde Tisch, dessen letzte Sitzung am Montag sein sollte, entweder kurz vor oder kurz nach der Sommerpause mindestens noch einmal zusammenkommt. Dann soll evaluiert (und natürlich diskutiert) werden, ob sich die Lage gebessert hat - und bis dahin sollte jede Gruppe auf ihre Klientel, so gut es geht, einwirken, damit die Altstadt von Exzessen verschont bleibt. Niemals geht man also so ganz...


RNZ, Micha Hörnle, 10.03.2010