RNZ: Die Altstadt kämpft weiter (26.01.2010)

Die Altstadt kämpft weiter für ihr Recht auf Ruhe 

„Linda“ präsentiert vor dem nächsten Runden Tisch ihren Forderungskatalog:
Die Stadtverwaltung kann durchaus etwas gegen den Lärm tun


Die Bürgerinitiative "Linda" (Leben in der Altstadt) lässt sich nicht in die Miesmacher und Spaßbremsen Ecke drängen. In einem Gespräch mit der RNZ wehrte sich "Linda"-Sprecherin Karin Werner-Jensen gegen den Vorwurf, der aus der Initiative der "Feierwilligen" ("Fröhliche Altstadt - Lebendige Kneipen", FALK) gekommen war. Nur weil viele "Linda"-Aktivisten auf einmal Eigentum in der Altstadt hätten und aus dem Party-Alter heraus seien, wollten sie nun der Jugend die Lust am Feiern in der Altstadt vergällen. Dagegen wehrt man sich: "Wir feiern auch, nur ohne Lärm, Dreck und Randale", sagt Werner Jensen. "Linda" reibt sich an "FALK": Dieser Initiative sagt "Linda" nach, von den Wirten vorgeschickt zu werden, zumal einige ihrer Aktivisten in Kneipen arbeiten würden.

Franz Dänekamp findet, dass "zu stark mit Etiketten gearbeitet" wird: "Wir, Lindaner wollen keine Fröhlichkeit verhindern. Wir wollen bloß keinen Ballermann." Es gehe hier auch nicht um einen Kampf der Generationen, sondern um die Rückkehr zu einem Zustand vor den Ballermann-Zeiten. Und die Stadt könne sich auch nicht mit dem Verweis auf Landeskompetenzen herausreden, wenn es um konkrete Lösungen gegen den Altstadt-Lärm geht. Deswegen präsentierten die "Linda"-Aktivisten beim RNZ Gespräch auch einen Forderungskatalog – nachdem der letzte Runde Tisch zur Altstadt ohne greifbare Lösungsvorschläge geendet war:

Sperrzeitverkürzung: Den Beginn dieser Ballermann-Zustände setzen die "Lindaner" mit dem Jahr 2001 an, als die Landesregierung zum ersten Mal die Sperrzeit verkürzte, also die Kneipen länger nachts offen bleiben durften: "Dann begann die Lärmproblematik", sagt Michael Wachter. "Wir wären heute froh, wenn wir die alten Verhältnisse, also die von vor 2001, wieder hätten." Deswegen bleibt "Linda" bei seiner Forderung, die Sperrzeit wieder zu verkürzen - was aber der Gemeinderat auf seiner letzten Sitzung abgelehnt hat. Trotz der Niederlage meint Wachter: "Wir werden da nicht locker lassen", und Werner-Jensen sekundiert: "Eine Gemeinderatsentscheidung kann nach sechs Monaten wieder revidiert werden."

Lärmmessungen: Als das zentrale Problem haben die Altstadt Initiativen den Dauer-Lärm ausgemacht. Private Messungen hätten ergeben, dass es in der Altstadt nachts lauter sei als am Tag (die RNZ berichtete). Deswegen fordert "Linda" "gerichtsfeste Lärmmessungen", am besten durch stationäre Messstationen. Außerdem soll eine Dokumentation vorbereitet werden, die "Ross und Reiter nennt" (Werner-Jensen) - also die Altstadt-Wirte, deren Kneipen für besonders viel Lärm sorgen. Das dient auch "zum Schutz der Gastronomen, die sich ordentlich benehmen". Viele, insbesondere Hoteliers, hätten sich mit den "Linda" Anliegen solidarisiert. Einige Übernachtungsgäste weigerten sich bereits, die Rechnung zu zahlen, weil sie nachts nicht schlafen konnten.

Nutzung der Plätze: Die Altstadt-Plätze werden immer stärker für Veranstaltungen genutzt, das André Rieu Konzert oder das Public Viewing seien nur die Spitze des Eisberges. Deswegen sollte eine Belegung der Plätze schärfer geprüft (oder überhaupt einmal umfassend geregelt) werden. Nicht alle Events müssten auch in der Altstadt stattfinden, meint Dänekamp: "Es gibt auch andere schöne Plätze in anderen Stadtteilen, da ließe sich manches entzerren." Gerd Guntermann findet, dass die Altstadt sowieso "jetzt schon funktionsüberlastet" sei. Auch beim Straßenraum will man die Wirte zurückdrängen: Der öffentliche Raum wird durch die Wirte in Beschlag genommen", sagt Dänekamp und verweist auf die Menschenmengen vor den Kneipen.

Stärkere Kontrolle: Damit die jetzt schon geltenden Regelungen durchgesetzt werden, fordert "Linda" eine ausreichende Präsenz des Kommunalen Ordnungsdienstes: "Der Ordnungsdienst muss erheblich verstärkt werden, bisher gibt es nur sechs Personen, von denen zwei im Innendienst arbeiten. Und er muss am Wochenende von Mitternacht bis sechs Uhr morgens in der Altstadt präsent sein", sagt Abraham de Wolf. Wichtig wäre auch ein funktionierendes Beschwerdemanagement, eben eine feste und dauernd erreichbare Anlaufstelle für Lärmgeplagte.

Große Hoffnungen setzt "Linda" auf den Runden Tisch am 8. Februar. Dort wird man die Forderungsliste einbringen - und in jedem Fall weiterkämpfen.

Micha Hörnle, RNZ vom 26.01.2010