Stadtblatt (23.07.08)

Wie viel Gastronomie verträgt die Altstadt?

Bebauungsplan soll Expansion regeln


Die Altstadt als Herz der Stadt lebt mit den vielfältigsten Nutzungen. Hier wird gewohnt, gearbeitet, gelehrt, studiert und – gern und viel gefeiert! Zu den Einheimischen kommen rund 3,5 Millionen auswärtige Besucherinnen und Besucher, die pro Jahr in die historischen Gassen strömen. 

Die Beliebtheit der Altstadt bei Heidelbergern wie Touristen hat auch einige Schattenseiten. Lärm bis spät in die Nacht, Verunreinigungen von Gassen und Hauseingängen, körperliche Auseinandersetzungen nach zu reichlichem Alkoholgenuss. Solche Auswirkungen der „Partyzone Altstadt“ rufen diejenigen auf den Plan, die in diesem Stadtteil leben.

Denn bei der Altstadtsanierung seit den siebziger Jahren gab es ein klares Ziel: In der Altstadt soll auch gewohnt werden. Um herauszufinden, wie die vielfältigen Nutzungen mit dem Wohnen zusammenpassen, hat das Stadtplanungsamt die Gruppe Architektur & Stadtplanung (GRAS) aus Dresden/Darmstadt beauftragt. Hintergrund ist der Auftrag des Gemeinderates aus dem Jahr 2001, für die östliche Altstadt einen Bebauungsplan „zur Regelung der Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften“ – so der leicht antiquiert klingende Titel – zu erarbeiten, um unverträglichen Entwicklungen entgegensteuern zu können.

Hermann Sträb von GRAS stellte jetzt gemeinsam mit der Leiterin des Stadtplanungsamtes Annette Friedrich und Stadtplaner Stefan Rees im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung im Deutsch-Amerikanischen Institut die Ergebnisse vor. Nicht sehr überraschend: Die Altstadt wird von jungen Leuten bevorzugt. Hier wohnen verhältnismäßig mehr Menschen zwischen 18 und 29 als in der übrigen Stadt, der Anteil von Singles und Alleinerziehenden ist höher.

Von 1980 bis 2004 hat die Altstadt an Einwohnern verloren, seither steigt ihre Zahl wieder leicht an. Die Auswertung des bei der Stadt geführten Beschwerdekatasters zeigt, dass die Zahl der Beschwerden im Laufe der Jahre abgenommen hat. Und die Beschwerden kommen nicht unbedingt aus den Ecken, wo sich Gaststätten befinden. Ein Problem sieht das Büro darin, dass Gaststätten zunehmend an die Stelle des früheren Einzelhandels treten. „Ein weitere ungehinderte Ausbreitung der Gastronomie würde zu Risiken für den Wohnstandort führen“, so das Fazit von Hermann Sträb. Andererseits wäre „das Einfrieren der Gastronomie auf den Status quo nachteilig für den Tourismus- und Wirtschaftsstandort Heidelberg“. Unterbunden werden soll aber die Ansiedlung weiterer Sexshops, Ein-Euro-Läden und Call-Shops.

Der Entwurf sieht vor, dass sich nur noch in wenigen Bereichen neue Gastronomiebetriebe ansiedeln können. Die anderen Wohngebiete sollen geschützt werden. Dem Plan liegt ein abgestuftes Konzept zu Grunde, das auf die Sensibilität des Wohnens räumlich differenziert Rücksicht nimmt. Der Bebauungsplan soll nach der Beteiligungsphase überarbeitet werden, so dass die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger in das weitere Verfahren einfließen können. Um seine Stammkneipe braucht niemand zu fürchten: Vorhandene Gaststätten genießen Bestandsschutz.

via Stadtblatt Heidelberg