Brief Linda - OB Würzner (29.09.09)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Würzner,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Erichson,


seit Juli diesen Jahres treffen sich wieder einmal „Altstädtler“ in mühsamer ehrenamtlicher Arbeit, um einen Zustand in der Altstadt zu erreichen, der ein Weiterleben möglich macht. Es gibt nämlich inzwischen einige Familien, die ausziehen. Das aber verschlechtert die Qualität der Altstadt.

Seit Beginn der Gründung der Initiative LINDA, Leben in der Altstadt, haben wir Sie einbezogen und in zahlreichen Mails auf den Druck in der Altstadt hingewiesen. Wir haben mit Ihnen gesprochen, aber Sie haben nicht geantwortet.

Zuerst war Herr Erichson in Urlaub – sein gutes Recht, dann Herr Dr. Würzner - auch sein gutes Recht. Daß es allerdings in dieser gesamten Zeit nicht möglich war, eine verhältnismäßig kleine Entscheidungen zu treffen und eine Antwort auf unsere sehr freundliche Einladung zu der gestrigen Veranstaltung aus dem Rathaus zu erhalten, wundert jeden, der in großen Unternehmen tätig ist. Wenn auch wichtigere Entscheidungen in so einer Zeit ausgesetzt werden, steht offenbar das Rad im Rathaus ohne die Genehmigung des Oberbürgermeisters still.
Wenn wir heute aus der RNZ lesen, daß ab dem 12.10. eine Veranstaltung von Ihnen geplant ist, so ist das schön. Aber davon wußte bis heute morgen keiner, der bei den Vorbereitungen zu LINDA dabei war, kein Stadtrat und keine Stadträtin und übrigens auch die Polizei, die gestern auf unserem Podium saß, nicht! Eine gute Idee wäre gewesen, zu den Menschen gestern zu kommen und dies der Öffentlichkeit und den StadträtInnen selbst mitzuteilen. Dann hätten Sie leicht Druck aus der Altstadt herausnehmen können.

Falsch ist, daß nur „übereinander“ geredet worden ist. Wir haben zu jeder Zeit ein Gesprächsangebot an Sie gestellt, und wir haben viele Male mit Herrn Erichson gemailt und persönlich gesprochen, zum letzten Mal gestern nachmittag, am Tage der Veranstaltung. Sie wußten, daß er sich den „Abend freigehalten“ hatte und „gerne gekommen“ wäre und es auch für „noch richtiger gehalten hätte, wenn sie selbst kommen.“ So hat es uns jedenfalls Herr Erichson selbst gesagt. Und so habe er es Ihnen auch schon im ersten Bürgermeistergespräch gesagt. Der Oberbürgermeister hat es allerdings vorgezogen, von seinem Recht Gebrauch zu machen, und keinen zu der Veranstaltung zuzulassen.

Aus der RNZ erfahre ich, daß offenbar in einem Flyer Ihr Rücktritt („weg mit dem OB“) gefordert worden ist. Außer dem persönlich unterschriebenen sachlich gehaltenen ersten Brief, der auch namentlich unterzeichnet ist, gibt es selbstverständlich keinen derartigen Flyer von LINDA!! Daß es BürgerInnen in der Stadt gibt, die sich einen anderen Oberbürgermeister wünschen, dürfte Ihnen nichts Neues sein. Daß es vermutlich auch unfreundliche und unverschämte Briefe an Sie gibt, ist leider auch nichts Besonderes. Damit hatte Beate Weber zu kämpfen, und das kennen alle öffentlichen Personen, wir StadträtInnen natürlich auch! Anonyme Drohungen und Unverschämtheiten wandern bei mir sofort in den Papierkorb! Daß Sie solche Äußerungen allerdings so persönlich nehmen, wundert mich.

Ich frage mich allerdings, da wir uns schon 20 Jahre kennen, warum Sie, wenn Sie denn schon die Bemerkung irgendeiner fremden Person so ärgert und sie diese auch noch fälschlicherweise mit LINDA und mir in Verbindung bringen, mich nicht einmal kurz angerufen haben. In einem einzigen Satz hätte ich dieses Mißverständnis von Ihnen aufgeklärt. Ich habe doch nicht in der Hand, wer Ihnen was zuschickt! Die Bürger haben ihre Listen z.T. selbst gebracht, z.T. in Briefumschläge gesteckt, damit ich sie abgebe. Da ich die Sekretärinnen stets um eine Kopie gebeten habe, kann ich Ihnen sagen, daß ich alle Blätter, die bei mir sind, noch einmal durchgesehen habe. Ich habe so einen Flyer nicht und auch nie gesehen!

Das Ziel unserer Veranstaltung war Dialog und nicht Konfrontation. So habe ich es auch gestern formuliert. Alle Vereine und Initiativen haben sich zu einer gemeinsamen Zusammenarbeit entschlossen. Dies war neu und ein Prozeß, gewiß ein sehr schneller. Aber es waren natürlich nicht alle von Anfang an dabei. Und das Wissen einzelner ist in die Gruppe auch nur insofern eingeflossen, als daß es jemand verkünden mußte. Gestern auf dem Podium habe ich z.B. gehört, daß es einzelne Initiativenvertreter (die aber vorher nicht bei LINDA waren) gehört hatten, daß es einen runden Tisch geben solle.

Zum Namen „Leben in der Altstadt“: Wir LINDAner haben erst in Ihrer Mail am 14.9. von Ihrem „Leben in der Altstadt“ (allerdings ohne Datum!)erfahren. Und also den Namen auch nicht „geklaut“. Aber der Name ist nun auch wieder nicht so ungewöhnlich, daß mehrere denselben Gedanken haben könnten. Bedauerlich ist auch, daß die Stadträte diesen Termin nicht kannten, ich jedenfalls nicht. So kann ich z.B. am 12.10. nicht teilnehmen, weil ich verreist bin. Aber es gibt ja eine ganze Turnhalle voller Menschen, die gestern teilgenommen haben und sich dann äußern werden.

Ansonsten hoffe ich, daß wir wieder wie in alten Zeiten miteinander reden und dies nicht über die RNZ tun müssen. Da Sie das angefangen haben, muß ich leider auch öffentlich antworten.

Mit freundlichen Grüßen, Deine Karin/ Ihre Karin Werner-Jensen