RNZ: Erichson setzt jetzt auf Polizeikontrollen und den ,,Runden Tisch" (29.07.09)

Bürgermeister sieht auch nach dem Aus für das Alkoholverbot
Handlungsbedarf in der Altstadt - ­


Neue Regeln für die Untere Straße geplant

Liberale und Gaststättenverband waren entrüstet, als letzten Sommer die Pläne der Stadt für ein Alkoholverbot in Heidelberg bekannt wurden. Das Dezernat von Bürgermeister Wolfgang Erichson war mit der Umsetzung beauftragt. Deshalb wartete er gespannt auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Im RNZ Interview erzählt er, was er davon hält.

Wolfgang Erichson, Alkoholverbot, Heidelberg, Altstadt, Untere StrasseDas Alkoholverbot ist gekippt. Sind Sie jetzt erleichtert?
Ich bin froh, dass wir mit dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes jetzt endlich Rechtssicherheit haben.
(...)

Hat Sie die Entscheidung der Richter überrascht?

Nein. Ich war ja in der Verhandlung in Mannheim dabei. Es war abzusehen, dass für die Richter eine Polizeiverordnung kein geeignetes Mittel ist, um alkoholbedingte Gewalttaten zu verhin dern.

Wie ist eigentlich die Situation in der Heidelberger Altstadt?
Das Problem hat sich etwas verlagert. Es gibt weniger Gewalttaten, aber mehr Ordnungsstörungen wie Lärmbelästigungen und wildes Urinieren.


Sie müssen jetzt also weiter nach Wegen suchen, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Ja. Der Bedarf ist unstrittig. Übrigens hat uns der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Entschei dung geholfen, indem er uns Handreichungen gibt. So sollen wir das bestehende Instrumentarium wie Platzverweise und Aufenthaltsverbote für Störer nutzen. Die Richter sprechen auch von mehr Polizeipräsenz, Beamte sollten nachts gezielt Personen ansprechen. Die Stadt unterstützt dies mit ihrem kommunalen Ordnungsdienst.

Muss der städtische Ordnungsdienst jetzt personell aufgestockt werden?
Die nächtlichen Kontrollen sind natürlich auch Aufgabe der Polizei, nicht nur des Ordnungsdienstes. Sie darf sich bei Ordnungsstörungen nicht heraushalten, sollte sich nicht nur um die Gewalttaten kümmern. Jetzt ist die Landesregierung gefragt. Sie muss Farbe bekennen und die Polizei personell besser ausstatten. Natürlich wollen auch wir von der Stadt unseren Beitrag leisten. Sechs Mann für den Ordnungsdienst sind einfach zu wenig.


Was kann die Stadt sonst noch tun?
Wir werden versuchen, den Runden Tisch von Anwohnern, Wirten, Polizei und Stadt wiederzubeleben. Auch das rät übrigens der Verwaltungsgerichtshof. Und dann muss sich künftig auch jeder Gastronom an die Regeln der Außenbewirtschaftung halten, um Ruhe in die Altstadt zu bekommen. Für die Wirte in der Unteren Straße heißt das, dass ihre Kunden nur bis 24 Uhr auf der Gasse stehen dürfen. Danach müssen sie in die Kneipen.

Wann wollen Sie das umsetzen?

Ab sofort. Vorher müssen wir allerdings noch mit den Gastronomen sprechen. Vielleicht müssen sie ja noch Türsteher einstellen oder andere Vorbereitungen treffen. Der Runde Tisch wird frühestens im September starten. Ich will das Thema ganz bewusst aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten.

Was versprechen Sie sich von dem Runden Tisch?
Bewohner und Wirte sollen Absprachen treffen, an die sie sich auch halten. Bei Problemen sollen sie nicht übereinander reden, sondern miteinander.


Und wie sieht es mit dem Alkoholverkaufsverbot aus?
Das Landesgesetz soll zum 1. Januar 2010 in Kraft treten. Dann darf zwischen 22 und 5 Uhr kein Alkohol mehr an Tank stellen und Kiosken verkauft werden.

Heidelberg wollte diese Regelung doch umsetzen, bevor sie im Land in Kraft tritt.
Prinzipiell wäre das möglich. Aber noch hat der Landtag nicht endgültig entschieden. Und bevor die Regelung nicht im Gesetzesblatt veröffentlicht wurde, können wir sie nicht umsetzen. Deshalb rechne ich nicht mehr damit, dass sie vor dem 1. Januar in Kraft tritt.

RNZ, Holger Buchwald 29.07.09