RNZ: Länger draußen - ein Spass fuer alle (10.03.07)


CDU-Fraktion will Außenbewirtung in der Altstadt bis 1 Uhr ausdehnen


Altstadt, Heidelberg, Sperrzeitverkürzung, Aussenbewirtung, CDU, Dr. Jan Gradel, Gemeinderat Heidelberg, Holger Buchwald, RNZ, Lärm, Dreck, Randale
Bald kommen sie wieder, die lauen Sommernächte, in der viele Heidelberger gerne im Freien ein kühles Blondes vor der herrlichen Altstadt-Kulisse genießen. Doch der Spaß fand bisher immer um Punkt 23 Uhr ein jähes Ende. Sperrzeit. Die Gäste wurden ins Innere gebeten. Wenn es nach den CDU-Stadträten geht, soll dies zukünftig anders werden. Am 29. März werden sie im Gemeinderat beantragen, die Außenbestuhlung in der Altstadt für die Sommermonate generell bis ein Uhr nachts auszudehnen.

Die Sperrzeitregelung müsse den veränderten Verhältnissen in Heidelberg angepasst werden, meint CDU-Fraktionschef Jan Gradel: "Man kann keinem Bürger und auch keinem Touristen vermittteln, warum er um 23 Uhr nicht mehr draußen sitzen darf." Er befürwortet, dass die Gäste von Mai bis September grundsätzlich bis ein Uhr nachts im Freien ihren Drink schlürfen dürfen. Gradel: "Nur so können wir es ihnen ermöglichen, im Sommer das einzigartige Altstadt-Flair länger zu genießen."

Die Altstadt-Wirte hatten sich bereits im Frühjahr 2006 in einem gemeinsamen "Positionspapier" vehement für eine verkürzte Sperrzeit, also für eine längere Außenbestuhlung, ausgesprochen. Damit entstehe unter anderem mehr soziale Kontrolle an öffentlichen Plätzen. Nach längerer Diskussion im Gemeinderat wurde die Maßnahme bereits im letzten Jahr getestet: während des Landesturnfestes, der Fußball-Weltmeisterschaft und zu den Schloßbeleuchtungen. Die Polizei sagte hinterher sogar, dass sich weniger Anwohner über Lärm beschwerten als sonst, begründete dies aber vor allem mit der Toleranz der Altstadtbewohner. Für Gradel war es trotzdem ein "erfolgreicher Probelauf". Einer generellen Verlängerung der Außenbestuhlungszeiten stehe nichts mehr im Wege. Ganz im Gegenteil. Mit dem Antrag wolle die Fraktion auch zu einer "Verbesserung der Kneipenkultur in der Altstadt beitragen". Die Besucher, die gerne draußen sitzen, seien grundsätzlich andere, als diejenigen, die die Atmosphäre im Inneren der Kneipen suchten. Die Abmarschzeiten der Nachtschwärmer, bei denen es "immer zu brenzligen Situationen" komme, würden durch die neuen Regelungen entzerrt, glaubt Gradel.

Die anderen Gemeinderatsfraktionen zeigten sich von dem CDU-Antrag überrascht. SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster kann dem Vorschlag nicht viel abgewinnen: "Ich glaube, dass wir auf die Altstadt-Bewohner Rücksicht nehmen sollten." Eine längere Außenbestuhlung könne zu Lärmbelästigungen führen, glaubt sie. Daher würde sie zu ihrem derzeitigen Kenntnisstand den Antrag ablehnen, auch wenn natürlich noch Beratungsbedarf bestehe und sie sowohl die Anwohner auf der einen Seite als auch die die Kneipengäste und Wirte auf der anderen verstehen könne. Sie befürwortet, den "Runden Tisch zum Lärm in der Altstadt" wiederzubeleben.

Barbara Greven-Aschoff (GAL-Grüne) hätte nichts dagegen, wenn die Heidelberger künftig länger draußen sitzen dürften. Allerdings müsse man auch auf die Anwohner Rücksicht nehmen. "Das ganze Thema hängt sehr vom persönlichen Geschmack und der Betroffenheit ab", glaubt die Fraktionsvorsitzende: "Das ist schwierig zu entscheiden." Die Sperrzeit gleich für die Monate von Mai bis September zu verkürzen, scheint Greven-Aschoff aber doch zu großzügig. Man müsse auch über eine kürzere Zeitspanne nachdenken.

Skeptisch  äußern sich Wolfgang Lachenauer ("Heidelberger") und Ursula Lorenz (Freie Wähler) zu dem CDU-Antrag. "Damit können wir uns nicht anfreunden", meint Lachenauer. "Das können wir den Altstadtbewohnern nicht zumuten." Stattdessen schlägt er vor, die Außenbestuhlungszeiten nur bis 24 Uhr zu verlängern. Ursula Lorenz betont, daß es zu dieser Frage noch keine Meinung ihrer Fraktion gäbe: "Das müssen wir noch diskutieren." Sie persönlich tendiere aber dazu, es bei der bisherigen Regelung zu belassen. "Irgendwann muss auch mal Schluss sein." Annette Trabold (FDP) wiederum findet, die bisherige 23 Uhr-Regelung besonders in den warmen Sommermonaten "viel zu rigide". Die Verlängerung bis ein Uhr sei schon ein Experiment wert. Allerdings müsse man sich genau überlegen, an welchen Plätzen sie möglich sei, um die Anwohner nicht zu sehr zu stören.

RNZ, 10.03.2007, Holger Buchwald