Stimmen aus dem Gemeinderat (07.03.01)

Heinz Reutlinger (CDU)

Quo vadis Heidelberger Altstadt?



Heinz Reutlinger, CDU, Heidelberg, Altstadt, Lärm, Randale, Dreck Der Gemeinderat hat jüngst nach einer hitzigen Debatte einer Sperrzeitverkürzung - einer Verlängerung der Öffnungszeiten für Gaststätten und Kneipen - auch für die Altstadt zugestimmt. Dabei ist er einer Empfehlung des Bezirksbeirates Altstadt gefolgt. Da ich der Meinung bin, dass der Gemeinderat - wenn es sich um eine reine Stadtteilangelegenheit handelt - nicht ohne ganz große Not vom Votum eines Bezirksbeirates abweichen sollte, habe ich mich - trotz erheblicher Bedenken - der Empfehlung des Bezirksbeirates Altstadt angeschlossen. Die Frage bleibt: Quo vadis Heidelberger Altstadt!?

Es geht um die "schwarzen Schafe"! Es geht eigentlich gar nicht so sehr um die Sperrzeit - auch von einer Gaststätte, die rund um die Uhr geöffnet hat, muss nicht unbedingt Lärm ausgehen -, sondern um die unerträgliche Lärmbelästigung, die direkt oder indirekt von einzelnen Gaststätten und Kneipen ausgeht. Es geht um die so genannten "schwarzen Schafe". Es geht darum, wie man verhindern kann, dass es zu dieser Lärmbelästigung kommt. Ich hoffe, dass der Bezirksbeirat Altstadt Recht behält, wenn er meint, dass es möglich sein muss - wobei vor allem an einen verstärkten Polizeieinsatz gedacht wird -, der Lärmbelästigung in der Kernaltstadt Herr zu werden. Eines ist sicher: Wenn dies nicht gelingt, dann werden sich die Probleme nach der Sperrzeitverkürzung noch erheblich verschärfen.

Fürsorgepflicht der Stadt
Dass die Wirte in der Altstadt nicht schlechter gestellt sein wollen als die Wirte in den anderen Stadtteilen, ist verständlich. Dies gilt aber auch für die Bewohner der Altstadt mit ihrem legitimen Wunsch nach einer akzeptablen Nachtruhe. Wir dürfen auch nicht vergessen - und hier sehe ich eine besondere Fürsorgepflicht der Stadt -, dass wir einmal über eine enorm teure Altstadtsanierung gezielt um Zuzug in die Altstadt - vor allem um Zuzug von Familien mit Kindern - geworben haben. Dies verpflichtet, darüber zu wachen, dass die Altstadt - sie ist nicht nur für Touristen da! - ein Stadtteil bleibt, in dem man gerne wohnt und lebt. Und von den Besitzern und Betreibern von Gaststätten und Kneipen darf man erwarten, dass sie alles tun, was in ihrer Möglichkeit steht, um Lärmbelästigung zu verhindern.

Es geht um Menschen!
Befremdet hat mich die billige Polemik und vor allem den geradezu menschenverachtenden Zynismus, mit dem da und dort die Debatte um die Sperrzeitverkürzung geführt wurde. Als Mitglied einer Partei, die sich christlichen Werten verpflichtet weiß, habe ich dafür kein Verständnis. Es geht um Menschen! Der Mensch steht im Mittelpunkt der Politik! Es hat nur noch gefehlt - aber dazu hatte man doch nicht den Mut -, den Bewohnern der Altstadt, die sich über unzumutbare Lärmbelästigung beklagen, ein Verlassen der Altstadt nahe zu legen. - Der Markt regelt nicht alles automatisch zum Guten!

Dank an den Ersten Bürgermeister
Vielleicht hat die Auseinandersetzung um die Lärmbelästigung in der Altstadt doch dazu beigetragen, dass - auch wenn es keinen Königsweg geben wird - letztlich ein Weg gefunden wird, mit dem alle Betroffenen leben können. Das würde auch der "Weltstadt Heidelberg" gut tun. Es ist abschließend ein Dank an den Ersten Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg zu richten für sein großes und mitfühlendes Engagement. Es ist halt schon ein gewaltiger Unterschied, ob man die Situation der Kernaltstadt von außerhalb betrachtet oder aus der Perspektive der unmittelbar Betroffenen. Es ist so leicht, den Altstadtbewohnern von außerhalb "Ratschläge" zu erteilen, wenn man von deren potenziellen negativen Auswirkungen niemals selbst betroffen ist.


> via Stadtblatt Heidelberg