Stimmen aus dem Gemeinderat (07.02.01)

Susanne Bock (GAL)

Sperrzeiveränderung in der Altstadt


Susanne Bock - GAL, Bürgerinitiative Linda, Lärm, Lärmbelästigung, Krach, Grölen, Gröler, Ruhestörung, Nachtruhe, Dreck, Randale, Trinken, Saufen, Kotzen, Pinkeln, Untere Strasse, SaufmeileAus den Reihen des Altstadt-Bezirksbeirats drangen schon im Vorfeld Erklärungen an die Öffentlichkeit, die klar gegen eine Verkürzung der Sperrzeit in der Altstadt gerichtet waren. Überraschend vollzog eine Mehrheit des Bezirksbeirats eine Kehrtwendung, als es zur Abstimmung kam; die Sperrzeit soll probeweise für ein halbes Jahr verkürzt werden. Bekannt ist aber den so Votierenden, dass eine Probezeit kaum rückgängig gemacht werden kann.

Die Zahl der Kneipen in der Altstadt hat sich in den zurückliegenden Jahren verdreifacht, Neuanträge liegen zuhauf vor; kein anderer Stadtteil hat eine derartige Kneipendichte: 220 (sic!) Kneipen stehen den letzten drei Geschäften des Primärbedarfs gegenüber, wenn demnächst "Allfrisch" in der Hauptstraße dicht macht. Sollen die Altstädter in die Kneipen ziehen, um Hunger und Durst zu stillen? Vor einigen Jahren waren Lärm und andere Belästigungen durch trinkfreudige Gäste noch tolerierbar.

Jetzt neigt sich die Waage zu Ungunsten der Wohnqualität: Mehr Lärm, Müll, Dreck und Randale über die Toleranzgrenze hinaus. Von den Kneipen geht unmittelbar kaum eine Belästigung aus. Nichtdestoweniger sollten die Wirte ihre Hände nicht in Unschuld waschen, wenn ihre Kundschaft vor den Kneipen und nach deren Besuch exorbitant herumlärmt, in einigen Straßen flächendeckend für Glassplitter sorgt und in Hauseingängen die Notdurft verrichtet wird.

In diesem Zusammenhang ist es ein Hohn, wenn Anwohner - um ihre Nachtruhe gebracht - diverse Hinterlassenschaften beseitigen müssen, von der Stadt aber seit kurzem auch noch zusätzlich zur Kasse gebeten werden, weil die Bürgersteige jetzt vermehrt gereinigt werden müssen! Wo bleibt das Verursacherprinzip?

Stattdessen fordern besagte Bezirksbeiräte, dass die Polizei jetzt öfter und effektiver Streife geht. Warum das, fragt man sich logisch denkend, wenn es doch angeblich keine Probleme mit der Sperrzeitänderung geben wird? Auch die Polizei wird keine Fehlentwicklungen korrigieren, hier die Folgen für die Altstadt und deren Bewohner durch immer mehr Kommerz, Konsum und ein ausuferndes Kneipenwesen.

Bleibt zu hoffen, dass der Gemeinderat die Interessen der Altstädter mehr berücksichtigt als der Bezirksbeirat und sich mit der Verwaltung die Fragen stellt: Die Altstadt eher den Bewohnern oder einer konsumfreudigen Klientel? Welche Zukunft hat die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs bei Wuchermieten für Geschäfte in der Altstadt? Wo sind nicht kommerzielle Angebote für Jugendliche in unserer Altstadt und Stadt allgemein? Diese Themen sind noch weitaus wichtiger als das lautstark geäußerte Interesse an einer Kneipenlobby!


> via Stadtblatt Heidelberg