GAL: Lärm in der Heidelberger Altstadt (23.12.11)

Was hat sich getan?


Seit viele Bürger und Bürgerinnen der Altstadt und die verschiedenen aktiven Bürgerinitiativen 2009 „LINDA - Leben in der Altstadt“ gründeten, weil die Zustände im Herzen der Altstadt immer unerträglicher wurden, sind zwar zwei Jahre vergangen, aber es hat sich einiges getan. Nach mehreren „Runden Tischen“ und Veranstaltungen scheinen die zuständigen Ämter, sowie die Polizei auf einem guten Weg zu sein, sie haben das Problem erkannt und sind aus meiner Sicht mittlerweile kooperative Gesprächspartner für die Bevölkerung. Zur Beruhigung der Altstadt sind jedoch weitere Anstrengungen wünschenswert, ja notwendig.

Viele Kneipenwirte, bis auf wenige Ausnahmen, haben sich nach Aussagen der Stadtverwaltung einsichtig gezeigt und stehen im kooperativen Dialog mit den Ämtern und der betroffenen Bevölkerung. Die Hotel- und Gastronomie-Szene ist zweigeteilt. Auf der einen Seite die Kneipen der Brennpunkte Untere Straße, Marktplatz, Kettengasse, Hauptstraße, auf der anderen Seite die traditionellen Speisegaststätten und Hotels, die erheblich zur Attraktivität der Altstadt beitragen, deren Gäste sich aber zunehmend über Lärm und Remmidemmi in der Altstadt beschweren. Erstaunlich ist jedoch die Haltung des Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA). Obwohl längst bekannt ist, dass viele in der Altstadt ansässige Inhaber von Hotels und Speisegaststätten keineswegs glücklich über das ausufernde nächtliche Treiben sind, vertritt dieser Verband weiterhin, wie auch die letzte Informationsveranstaltung am 13. Dezember 2011 zeigte, einseitig die Interessen einiger weniger, unbelehrbarer Kneipenwirte. Was den Lärm einzelner Lokale betrifft, ist durch Auflagen, Kontrollen und Gespräche eine gewisse Beruhigung festzustellen.

Der Lärmpegel vor allem in den Nachtstunden von 23 Uhr bis 4 Uhr morgens konnte bisher nicht nennenswert gesenkt werden. Die nächtliche (nach 23 Uhr nicht genehmigte) Außenbewirtung, die Selbstversorgung durch mitgebrachte Alkoholika und die damit einhergehende Nutzung des öffentlichen Raums erhöhen die Verweildauer der „trinkfreudigen Gäste“, während die BewohnerInnen weiterhin keinen Schlaf finden und keine Fenster öffnen können, die Hauseigentümer ihre Wohnungen und die Hoteliers ihre Zimmer nicht mehr vermieten können.

Sogenannte To-Go-Getränke, Gassenschank und der nächtliche Verkauf von Speisen, deren Abfallprodukte morgens in unterschiedlicher Form vor den Haustüren und in den Gassen unübersehbar sind, sowie das Abreißen von Außenspiegeln parkender Autos und Zerstören von Pflanzkübeln beeinträchtigen nicht nur die Lebensqualität der AltstädterInnen, sondern auch das Gesamtbild der Altstadt und Heidelbergs.

Ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum, besonders an Brennpunkten, wie es auf Landesebene und von vergleichbaren Kommunen gefordert wird, wird sicherlich auch hier zum Thema werden, wenn dies die einzige Möglichkeit zur Abhilfe sein sollte.

Was mir besonders am Herzen liegt, ist die Frage, wie wir als Gesellschaft mit der ständigen Bagatellisierung des exzessiven Alkoholkonsums, insbesondere mit dem „Koma-Saufen“ von Jugendlichen, verantwortlicher umgehen sollten. Hier sind umfassende präventive Maßnahmen (Information, Beratung, Ansprache) erforderlich, wie z.B. der von LINDA schon 2009 vorgeschlagene Einsatz von Streetworkern, der jetzt durch die Bürgerstiftung wieder ins Gespräch gebracht wurde. Sinn macht dies aus meiner Sicht jedoch nur, wenn gleichzeitig alternative Angebote entstehen und gefördert werden. Das setzt aber ein Umdenken und den politischen Willen voraus, nicht-kommerzielle Treffpunkte für die Jugend, aber auch kulturelle Angebote, wie z.B. ein Kino.

LINDA und allen beteiligten Altstädtern und Altstädterinnen, auch den Vertretern der Ämter und der Polizei, sei an dieser Stelle für den konstruktiven Dialog gedankt, der hoffentlich im kommenden Jahr erfolgreich fortgesetzt werden kann.

via Grün-alternative Liste, Gabriele Faust-Exarchos, 23.12.2011