RNZ: LindA fordert längere Sperrzeiten in der Altstadt (27.05.11)

Die Bürgerinitiative stört sich weiterhin an Lärm und Dreck der Feiernden –
und stellt die "Partygastronomie" an den Pranger


Am Dienstagabend fand sich im Essighaus kein freier Stuhl mehr. Die Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" (LindA) hatte zur Bürgerdiskussion geladen, die der Auftakt von weiteren Gesprächen mit Gemeinderat und Stadtverwaltung sein soll.

Das Ziel ist ein Gleichgewicht zwischen Wohnqualität, Geschäftsleben und auch Vergnügen im 11000 Einwohner starken Stadtteil. "Dieses Gleichgewicht ist seit Jahren gestört", beklagte LindA-Sprecher Abraham de Wolf. Das Hauptproblem der Altstädter ist noch immer der Lärm und Dreck der Feiernden nach Mitternacht.

Die Debatte ist nicht neu, doch die Bürger haben den Kreis der "Verdächtigen" eingeengt. Nun stehen ganz bestimmte Lokale der Partygastronomie am Pranger. Außerdem kritisierten die Anwohner, dass die Polizei auf Beschwerden kaum reagiere. "Am Wochenende zwischen 2 und 6 Uhr geht die Polizei nicht mehr gegen Lärm vor", klagte ein Anwohner. Der Grund sei, dass der Ordnungsdienst ab 2 Uhr "aus tariflichen Gründen" die Arbeit einstellen würde. Zudem seien die Vollzugsbeamten überfordert. Nur etwa zehn seien für Altstadt und Neckarwiese zu sammen zuständig.

Das Kernproblem seien die Sperrzeiten. "Die schwarz-gelbe Regierung hatte die Sperrzeiten noch mal auf 5 bis 6 Uhr reduziert", berichtet Karin Werner-Jensen, SPD Gemeinderätin und LindA-Mitglied. Zwar können die Kommunen die Zeiten verlängern, was Heidelberg auch getan hat. Aber für eine noch längere Nachtruhe gäbe es im Gemeinderat keine Mehrheit. Der Grund: Kurze Sperrzeiten sind schlecht für den Tourismus.

"Das ist Unsinn", sagte Hotelier Thomas Weil, Geschäftsführer des "Vier Jahreszeiten" in der Haspelgasse. "Alle Kollegen, die ich gefragt habe, hassen den Lärmpegel ebenfalls. Unsere Gäste gehen nicht bis um 5 Uhr morgens aus", betonte er. Im Gegenteil: Die Heidelberger Hotels und die Nicht-Partygastronomie, wie etwa das Traditionscafé Burkardt, leiden unter dieser besonders rücksichtslosen Klientel.

Genauer gesagt: den Partywilligen aus den Umlandgemeinden und den Junggesellenabschieden. "Wenn eine Kneipe schließt, wandern diese Leute laut grölend in die Nächste. Am Ende wollen alle in die Clubs, die die längsten Öffnungszeiten haben. "Und wenn sie da nicht rein kommen, gibt es Schlägereien", so der Tenor.

Wenn es richtig spät wird, müssen die Auswärtigen lange auf Busse oder Taxis warten. An besseren Verbindungen wie erweiterten Moonlinern hätten die Umlandgemeinden kein Interesse. "Die verdienen nichts daran, wenn die Dorfjugend zum Feiern nach Heidelberg fährt", sagte eine weitere Anwohnerin, "also wollen die auch kein Geld für solche Busverbindungen aufbringen".

Das beste Mittel die Situation relativ schnell und kostengünstig zu verbessern, sei die Verlängerung der Sperrzeiten. Zu dem will die Bürgerinitiative in der Altstadt eine Neuauflage der Bettlaken Aktion starten.

Ab dem 10. Juni wollen die Altstädter wieder mit großen Transparenten vor Ort darauf hinweisen, was sie von "Grölern" und "Pinklern" halten.


RNZ, Reinhard Lask, 27. Mai 2011