Konstanz: Wie sich die Bilder gleichen ...! (26.05.2010)

Konstanz ist überall – zumindest was den Lärm betrifft
Von Joachim Bullermann


Nein, nein, Konstanz ist mit seinen Lärmproblemen nicht allein.
Es gibt viele Städte, die vom Phänomen „Lärm“ leider noch viel stärker betroffen sind.

Lärm, Randale, Dreck, Konstanz, Heidelberg, Würzburg, Regensburg, Tübingen, AugsburgWer den Lebensmittelpunkt in Konstanz hat, dem ist es egal, wie und wann es durch wen in anderen Städten lärmt. Sie, er möchte hier in der Stadt und insbesondere in der engeren Wohngegend die eigene Lebensqualität durch weniger Lärm gewahrt wissen. Dieses zu erreichen und auf Dauer zu gewährleisten, sind wir am 12. September 2005, also vor fast fünf Jahren, angetreten. Durch enge Kooperation mit dem Bürgeramt – insbesondere mit dessen Leiter Hans-Rudi Fischer – wurde einiges Gutes bewirkt.

Lebenserfahrung lehrt jedoch, dass Gutsein allein nicht ausreicht: Wer schon gut ist, der ist zum Bessersein „verdammt“! Warum? Weil nichts schneller und leichter zu enttäuschen ist als eine hohe Erwartungshaltung.

Enttäuschungen wollen wir uns nicht leisten. Deshalb haben wir beschlossen, uns mit ähnlich gelagerten Initiativen in anderen Städten zu vernetzen und einen regen Gedanken-, Erfahrungs- und insbesondere Ideenaustausch zu beginnen. Diese Städte sind – in der Reihenfolge der Einwohnerzahlen – Wiesbaden, Augsburg, Freiburg, Heidelberg, Würzburg, Regensburg, Tübingen: allesamt Hochschul-Standorte und höchst attraktive, teilweise weltbekannte Tourismus-Städte. Da lassen sich zum Wohl aller beteiligten Initiativen, vor allem aber zum Wohl der sich als Lärmopfer empfindenden betroffenen Bürgerinnen und Bürger ganz sicher viele interessante Synergie-Effekte nutzen.

Nur ein Beispiel: im RNF (Rhein-Neckar- Fernsehen) war ein Videofilm mit dem Heidelberger OB Dr. Würzner zu sehen. Er erklärte darin öffentlich, wie froh er darüber sei, dass in seiner Stadt ab 22 Uhr bis 5 Uhr morgens keine Wodka- und Whiskyflaschen – eigentlich: gar kein Alkohol – zum Verzehr außerhalb von Gaststätten mehr verkauft werden darf. Wenn man dort so etwas durchsetzen kann, muss es doch anderenorts keine endlosen Diskussionen über ein gleiches Verhalten mehr geben! Das wird auch die Außenbewirtschaftung der Gaststätten und Restaurants betreffen: In Heidelberg – damit ist die Altstadt gemeint – wird ein Ende um 23 Uhr angestrebt und vermutlich schon bald durchgesetzt.

Es bleibt zu konstatieren: Die Gründung von Initiativen zum Schutz vor Lärm war und ist eine logische Folge der Missachtung berechtigter Bürgerinteressen. Ebenso zwingend und konsequent ist die Vernetzung von unter gleichem Stern geborenen Interessen. Dabei ist klar: Beide Schritte stießen und stoßen auf Widerstände. Und sie erfordern anhaltendes persönliches Engagement von Seiten derjenigen, die nicht nur im eigenen Interesse handeln, sondern sich vor allem auch für den Schutz anderer Menschen vor unzumutbarer Lärmbelästigung einsetzen. Nun einige Einzelheiten zu zukünftigen „Lärmschutz Partnerstädten“.

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Bürger-Initiative Altstadt Tübingen

Die Initiative entstand im November 2004, weil wegen exzessiver Eventkultur immer mehr Familien mit Kindern aus der Altstadt aus- und immer mehr Studenten einzogen. Nicht zu vergessen die Immissionen aus den zahlreichen Kneipen!

Es wurde ein Ordnungsdienst mit zwei Mitarbeitern eingerichtet, der zusammen mit der Landespolizei zu allen Nachtzeiten auf Streife ist. Wortwörtlich: „Präsenz bringt was – die Schwerpunkte haben sich wesentlich verbessert!“ Und die Erfahrung lehrte auch, dass beispielsweise 400 in lauen Nächten feiernde Leute wegen des gleichmäßigen Schallpegels weniger stören als einzelne vagabundierende Gruppen.

Seither ist vieles wunschgemäß gelaufen So herrscht bestes Einvernehmen mit dem HGV (Handels- und Gewerbeverein) und dem Amt für öffentliche Ordnung. Der Verantwortliche der BI wird von der Stadtverwaltung wahrgenommen, vom Orts-Beirat „Mitte“ zu jeder Sitzung als sachkundiger Bürger eingeladen und hat Rederecht. Nachahmenswert!


BIBA Bürgerinitiative Bewohnbare Altstadt Regensburg

Für eine ruhigere und lebenswertere Altstadt


Diese Bürger-Initiative wurde im Juli 2009 gegründet. Aus gutem Grund! Man stelle sich vor: Übernachtung mit herrlichem Blick auf die Altstadt: Weltkulturerbe – beeindruckend! Lebendiges Treiben in den Gassen, Begegnung mit netten Einwohnern, Genuss guter Gastronomie. Und abends erschöpft und mit einiger Bettschwere ins Hotel zurückkehren.

Gerade noch rechtzeitig ... denn spätestens um 23 Uhr geht die Post ab! 12000 Altstadtbewohner werden dann zu Opfern der Spaßgesellschaft. Da war die Gründung des Aktionsbündnisses „Miteinander leben in der Altstadt“ die zwangsläufige Folge. Auch in dieser wunderschönen Stadt ging die Initiative also nicht von der Verwaltung aus, was doch eigentlich deren originäre Pflicht wäre.



„Lass es geschehen, lass es vorübergehen, die Welt wird von alleine weitergehen!“: Solcher Wirtschaftsliberalismus und das kommunale „Allen wohl und niemandem weh“ bringen auf lokaler Ebene leider nichts! Dabei gibt es eine Fülle sogar strenger Vorschriften für Erscheinungsbild und Miteinander in der Regensburger Altstadt – aber nur von 7 bis 23 Uhr. Der BIBA geht es aber darum, die Zeit danach zu „entlärmen“. Dazu schlägt sie den Politikern beispielsweise vor, einmal in der Nacht von Samstag auf Sonntag zwei Stunden einen der bekannten „Brennpunkte“ aufzusuchen ...


BIWA Bürger-Initiative Würzburger Altstadt – Würzburg zuliebe
für eine ruhige und attraktive Innenstadt

Die Vorstellung der Initiative im Internet endet mit einem Zitat von Matthias Claudius: „Die Freiheit besteht darin, dass man alles tun kann, was einem anderen nicht schadet.“ Danach zu urteilen haben die Gründer der Initiative ebenfalls eine Menge zu tun. Wörtlich heißt es: „Die Mitglieder verstehen sich als Gastgeber in der Würzburger Altstadt, sind sie es doch, die mit erheblichen Aufwand Gebäudepflege betreiben, ein schönes Ambiente bieten und die Altstadt als Bewohner permanent mit Leben erfüllen. Als ‚Gastgeber‘ haben sie jedoch zumindest vor ihrer eigenen Haustüre das gute Recht von den Gästen auch ein entsprechendes Benehmen erwarten zu können ...“ usw.

Es gilt also auch in Würzburg, eine Wiederherstellung des Gleichgewichts der Interessen zu erreichen. Die entsprechenden Forderungen könnten fast ohne Ausnahme für alle anderen vergleichbaren Orte im Verhältnis 1:1 übernommen werden. Grundsätzlich heißt das: stärkere Gewichtung der Wohnqualität und der körperlichen Unversehrtheit der Innenstadtbewohner gegenüber den Wünschen und Bedürfnissen von Partygängern und Szenegastronomie.

Fazit: Wie sich die Bilder gleichen! Und demnach auch die Herausforderungen für die Beteiligten, den bekannten Ursachen zu begegnen: Überbetonung kommerzieller Interessen, schleichende Einschüchterung und Resignation der Bevölkerung, die Trends zu Partykneipen, Eventgastronomie und Alkoholismus sowie fehlende Mittel für stärkere Präsenz von Ordnungskräften. Die Konsequenz ist eigenverantwortliches und demnächst hoffentlich konzertiertes Handeln.



aus "Der Schalldämpfer", April 2010


L·IN·K
Lärmschutz-Initiative Konstanz e.V.
Joachim Bullermann