Stadtblatt: Schreiben OB Weber an Städtetag,
Gegen Verkürzung der Sperrzeit (04.10.00)

Stadtblatt, 04. Okt 2001

Gegen Verkürzung der Sperrzeit

Schreiben an den Deutschen Städtetag:
(Ex-) Oberbürgermeisterin Beate Weber befürchtet Nachteile für Anwohner


Das Innenministerium beabsichtigt, die derzeitigen Sperrzeiten zu verkürzen. Geplant ist, dass der Sperrzeitbeginn unter der Woche um eine Stunde und an Wochenenden (Nacht zum Samstag und Nacht zum Sonntag) um zwei Stunden hinausgeschoben wird.

Der Städtetag Baden-Württemberg informierte Oberbürgermeisterin Beate Weber in einem Brief über seine Absicht, dem Entwurf zuzustimmen.


In einem Antwortschreiben spricht sich die Oberbürgermeisterin ausdrücklich gegen eine Verkürzung der Sperrzeiten aus.



Ihr Brief in Auszügen:



"Die geplante Änderung berücksichtigt nicht die berechtigten Interessen der Anwohner von Gaststätten und Vergnügungsstätten. Wer einer geregelten Arbeit nachgeht, hat einen Anspruch auf den Schutz seiner Nachtruhe. Mit dem derzeitigen Sperrzeitbeginn um 1 Uhr haben sich die meisten Menschen, die im Umfeld einer Gaststätte wohnen, arrangiert...

Gerade in der Heidelberger Altstadt wurden in den vergangenen Jahrzehnten hohe Sanierungsmittel eingesetzt, um ein Wohnumfeld zu schaffen, das Familien mit Kindern einen Anreiz bietet, dort leben zu wollen. Mittlerweile wohnen in der Altstadt wieder fast 5.000 Berufstätige und knapp 1.000 Kinder unter 14 Jahren. In demselben Stadtteil befinden sich aber auch 204 der insgesamt 669 Heidelberger Gaststätten.

Bisher ist es gelungen, größere Konflikte zu vermeiden und in den meisten Fällen einen Interessenausgleich zwischen Wirten, Gästen und Anwohnern herbeizuführen. Die bestehende Sperrzeitregelung war dabei hilfreich. Denn den Wirten war bewusst, dass sie - soweit es die örtlichen Verhältnisse zuließen - zwar nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls eine Sperrzeitverkürzung, zum Beispiel an Wochenenden bis 3 Uhr, erhalten konnten, diese aber nur befristet. Bei wiederholten berechtigten Anwohnerbeschwerden mussten sie damit rechnen, nach Fristablauf keine Verkürzung mehr zu erhalten...

Während ein Wirt, der beispielsweise seine Gaststätte gegen den Willen der Nachbarn bis 3 Uhr offen halten will, bisher beweisen musste, dass ein öffentliches Bedürfnis vorhanden ist (...), träfe künftig für ein Rückführen der Sperrzeit auf 1 Uhr die Beweislast die Stadt. Langwierige Verfahren zum Nachteil der Anwohner wären die Folge. Auch die Möglichkeit, die Verkürzung der Sperrzeit mit Auflagen zu verbinden, würde entfallen...

Nach alledem ist mir wichtig, dass es nicht zu einem allgemeinen landesweit gültigen Hinausschieben der Sperrzeiten kommt. Ich habe aber Verständnis dafür, dass andere Städte, in deren Innenstadt wenig Menschen wohnen, sich eine liberalere Sperrzeitregelung wünschen... Deshalb schlage ich vor, dass das Recht und die Verpflichtung, allgemeine Sperrzeitregelungen für das jeweilige Gemeindegebiet oder für einzelne Stadtteile zu treffen, ausschließlich auf die Gemeinden übertragen wird."

> via Stadtblatt Heidelberg